Nicht nur im wirklichen Leben, auch in der Literatur kommt dies gelegentlich vor: Ein junger Mann hat das Leben in der Provinz und sein biederes Elternhaus satt, trennt sich von seiner ersten Liebe und sucht sein Glück in der Großstadt. Und wenn dieses Glück eng mit der Vorstellung, Glanz und Gloria und den Mann fürs Leben zu finden, verbunden ist, dürfen Leser:innen davon ausgehen, dass diese Suche, so wüst sie auch in Szene gesetzt wird, nicht in ungebremster Erfüllung endet. Im Gegenteil: Flori, der übermütige Held in Lion Christs Debütroman „Sauhund“, von Natur aus unerschrockener Optimist, wild und zart, selbstverliebt und selbstverletzend, Fan von Freddie Mercury, taumelt eher durch München als sich wie ein Fisch im Wasser durch die Haifischbecken der schwulen Szene zu bewegen, um schließlich doch bei sich selbst anzukommen. Die große Bremse in jenen Jahren, in der der Roman spielt – den frühen Achtzigern des vorigen Jahrhunderts – hat vier Buchstaben: AIDS. Mit „Sauhund“ setzt Lion Christ Flori und allen vergessenen Liebenden des ersten AIDS-Jahrzehnts ein rauschhaftes Denkmal. Die Schriftstellerin Jenny Erpenbeck sekundiert: „Ein berührendes, radikal ehrliches Buch.“ Lion Christ, in Bad Tölz geboren, studierte Film und Literarisches Schreiben und lebt in Leipzig. Für seinen Debütroman erhielt er das Münchner Literaturstipendium 2021. (H. St.)
Veröffentlichung:
– „Sauhund“, Roman, Hanser, München, August 2023