„Dinçer, mach weiter, das sind deine Träume, wir haben noch genug Nudeln im Schrank.“ Diesen Satz seiner Frau Ayşe zitierte Dinçer Güçyeter, als er im April dieses Jahres für sein Romandebüt „Unser Deutschlandmärchen“ den Preis der Leipziger Buchmesse entgegennahm. Er holte Ayşe zu sich auf die Bühne, viele tupften sich verstohlen die Augen ab, und der Literaturbetrieb hatte einen neuen König der Herzen. Dinçer Güçyeter, 1979 in Nettetal am Niederrhein geboren, gelernter Werkzeugmechaniker, hat in vielen Rollen von sich Reden gemacht. Er stand auf der Theaterbühne und hat Regie geführt, Lyrikbände geschrieben und 2011 den Elif Verlag gegründet, der „unwahrscheinliche Lyrik“ verlegt und „das Feld vom Rand her aufrollt“.
„Unser Deutschlandmärchen“ erzählt die Geschichte einer deutsch-anatolischen Familie, vom Ankommen und von Ausgrenzungen, Erwartungen und Enttäuschungen. Der Fokus liegt auf dem Zwiegespräch zwischen Mutter und Sohn. Da ist Fatma, die 1965 nach Deutschland kam, in ein Land, in dem man „das Geld von den Bäumen pflücken könne“, die schuftete und doch nicht reich wurde. Und da ist Dinçer, der nicht nur den Blaumann tragen wollte, sondern zu einem bunten Vogel wurde und Gedichte schrieb. „Unser Deutschlandmärchen“ ist ein Kaleidoskop an Formen- und Stimmenvielfalt, lyrisch, politisch, außergewöhnlich. (A.-D. K.)
Auszeichnungen u. a.: Peter-Huchel-Preis (2022), Preis der Leipziger Buchmesse, Kurt-Wolff-Förderpreis für die Arbeit als Verleger (2023).
Veröffentlichungen (zuletzt):
– „Aus Glut geschnitzt“, Gedichte, Elif, Nettetal 2017– „Cinema“, Lyrikanthologie, Hrsg. zus. mit W. Schiffer, Elif, Nettetal 2019
– „Mein Prinz, ich bin das Ghetto“, Gedichte, Elif, Nettetal 2021
– „Unser Deutschlandmärchen“, Roman, mikrotext, Berlin 2022